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Die Veröffentlichung der polizeilichen Kriminalstatistik aus 2017 wurde in den Medien von einer Diskussion über häusliche Gewalt begleitet. Die Zahl der gemeldeten Straftaten stieg im Vergleich zu den letzten Jahren weiter an, es mangelt an Lösungsstrategien und Auffangmaßnahmen für Betroffene. Ein guter Grund mal einen Blick auf die Ursachen und Verstärker von destruktivem Verhalten in Beziehungen zu werfen.
In den Statistiken des Bundeskriminalamts werden Delikte wie Mord und Totschlag, sexuelle Übergriffe, Raub, Körperverletzung und Stalking verzeichnet. Dabei ist von nicht-physischem Missbrauch noch gar keine Rede. Zu destruktivem Verhalten in einer Beziehung zählen auch:
Diese Formen der Gewalt können ebenso langfristige und schmerzhafte Folgen haben, wie körperliche Gewalt. Bei psychischem Missbrauch verlaufen die Grenzen fließend. Manchmal erkennt man ihn erst Monate oder Jahre später.
Partner A schenkt Partner B ein Kleidungsstück. Allerdings gefällt Partner B das Kleidungsstück nicht besonders. Partner A will das nicht akzeptieren: „Wenn du mich lieben würdest, würdest du es trotzdem anziehen!“
Partner B will nicht, dass Partner A sich mit Person C trifft, die Partner A auf der Arbeit kennengelernt hat. „Es ist nicht, weil ich dir nicht vertraue. Ich vertraue nur Person C nicht!“
Partner B will eine Auszeit von der Beziehung mit Partner A. Partner A will das nicht zulassen: „Ohne dich hat mein Leben überhaupt keinen Sinn mehr!“
Ist das schon missbräuchliches Verhalten? Die Antwort lautet ja. Das heißt nicht, dass jede Beziehung, in der eines der obigen Beispiele schon einmal vorgekommen ist, eine Missbrauchsbeziehung ist. Ausschlaggebend ist, wie mit diesem Verhalten umgegangen wird. Hat der jeweilige Partner sein Fehlverhalten bemerkt und es korrigiert? Sich dafür entschuldigt? Kommt derartiges Verhalten ständig vor oder nur sehr selten? Geht es immer vom selben Partner aus?
Letztendlich ist der Kern von destruktivem Verhalten in der Beziehungen, dass ein Partner seine Bedürfnisse über die des anderen stellt. Dabei handelt dieser Partner egoistisch, ohne Rücksicht auf den anderen. In gewissem Maße ist eine egoistische Form der Bedürfnisbefriedigung normal. Das Durchsetzen von eigenen Bedürfnissen sollte aber transparent sein und damit auch nicht manipulativ – also einfach eine gesunde Selbstbehauptung. Kritisch wird es dann, wenn destruktives Verhalten eine ungesunde Bedürfnisbefriedigung darstellt und ein immer wiederkehrendes Muster bleibt.
Ob der Partner den anderen mit passiv-aggressiven Kommentaren in die Enge treibt, ihn schlägt oder seine sozialen Kontakte kontrolliert, eines haben diese Verhaltensweisen gemein: Er zeigt dem anderen damit seine Dominanz in der Beziehung. In der Psychologie bezeichnet man dieses Verhalten als Überkompensation, ein Ausgleich für ein Bedürfnis, das über das Ziel hinausschießt.
Will Partner A also Partner B von einem Treffen mit Person C abhalten, mag das ein Ausgleich für ein Bedürfnis nach Sicherheit und Konstanz in der Beziehung sein. Dass Partner A nach Verhaltensmustern handelt, die auf Vernachlässigung seines kindlichen Bedürfnisses nach sicheren Bindungen beruhen, liegt dabei ja nicht gleich auf der Hand.
Nicht nur die Verhaltensmuster des überkompensierenden Partners sind ausschlaggebend für Missbrauchsverhalten in einer Beziehung, sondern auch der Bewältigungsstil des anderen Partners. Gerade vermeidende Reaktionen auf der anderen Seite können eine solche Beziehung stabilisieren. Ist Partner A also damit beschäftigt, sein Bedürfnis nach Selbstdarstellung und Dominanz in der Beziehung zu befriedigen, will Partner B sein Bedürfnis nach Harmonie und Bindung stillen.
Partner A: Du triffst dich nicht mit Person C. Ich vertraue zwar dir, aber sicher nicht Person C.
Partner B: Nein, du hast ja recht. Eigentlich solltest du mir ja auch nicht vertrauen. Wenn da etwas passieren würde, wäre das ja auch meine Schuld!
Beide Partner handeln eigennützig, stellen ihr eigenes Bedürfnis an erste Stelle und erhalten so ein missbräuchliches Verhalten aufrecht.